Hier können Sie die Laienpredigt vom Gemeindesonntag am 11. September 2016 nachlesen, welche von Rolf Werner gehalten wurde.

Laienpredigt September 2016

Hier können Sie die Laienpredigt vom Gemeindesonntag am 11. September 2016 nachlesen, welche von Rolf Werner gehalten wurde.

Predigt am Gemeindesonntag 11. September 2016



von Rolf Werner


Viele Wege führen zum Ziel



Einleitung
Vor nicht ganz 70 Jahren ist ein Bub zur Welt gekommen, der das Glück hatte, dass dessen Vater von Beruf Chauffeur war und der täglich Überland fuhr. Schon früh durfte er jeweils mit auf die Fahrt und lernte dadurch fast das gesamte Strassennetz der CH. Dieser Bub ist derjenige, der jetzt hier oben steht.

Ich war zwar kein Strassenkind im heutigen Sinne, aber unsere Freizeit – wenn es überhaupt eine gab damals – verbrachten wir auf der Haupt-strasse mit Tschutten. Das war damals noch möglich, ohne dass eine Umfahrungstrasse vorhanden war.

Auch später dominierte das Thema Strassen mein Leben, konnte ich doch auf einem Bauamt die Lehre als Tiefbauzeichner machen. Die Haupttätigkeit war, Strassen zu projektieren und beim Bau dabei zu sein.
An der Fachhochschule bildete ich mich dann weiter zum Bauingenieur, Fachrichtung Strassenbau.

Bis heute hatte ich die Möglichkeit, bei der Projektierung und Bau von Wegen, Strassen, Autobahnen, Kreisel und auch von Plätzen und Flugverkehrsflächen mitzuwirken. Bereits vor über 30 Jahren habe ich mich spezialisiert auf Betonverkehrsflächen.

Da mich also schon mein ganzes Berufsleben Wege und Strassen beschäftigt haben, war es auch naheliegend, dies als Thema der heutigen Predigt zu wählen.

Predigt
Die Worte „Strassen“ und „Wege“ kann man auch auf unser Leben übertragen, denn wir beschreiten alle auch einen Weg, von der Geburt bis zum Tod.


Beim Einen ist der Weg kurvenreich, und steil. Dann kann es uns mühsam, anstrengend oder frustrierend vorkommen. Man möchte vielleicht auch umkehren, oder sogar aufgeben.

Beim Andern geht der Weg geradeaus ohne grosse Kurven und Höhenunterschiede. Alles läuft rund, ohne Probleme oder Komplikationen.

Aber vielleicht geht unser Weg gar nicht geradeaus und man muss sich entscheiden, nach links oder rechts zu gehen. Das kann eine ganz schwierige Entscheidung sein.

Oder wir müssen den richtigen Weg erst suchen, müssen Kompromisse eingehen, müssen auf unsere Mitmenschen Rücksicht nehmen, wie zum Beispiel jetzt beim Glockengeläut.

Oder es gibt auf diesem Weg kein Durchkommen, man muss einen Umweg in Kauf nehmen.

Gefährlich kann es werden, wenn man den sicheren Weg verlässt, nicht umsonst heisst es dann z.B.
  „Er ist abgestürzt“ oder „er hat einen Schuh voll rausgezogen“.

Da unser Weg nicht immer so einfach und problemlos ist, brauchen wir vielleicht auch eine Hilfe.
Darum brauchen wir Leitplanken, damit wir nicht ab dem Weg geraten.

Aber wir brauchen nicht nur Leitplanken, sondern auch Wegweiser, die uns den richtigen Weg weisen.
Ernest Hemingway hat mal gesagt: „An den wichtigen Scheidewegen unseres Lebens stehen keine Wegweiser.“ Darum ist es wichtig, dass wir so was wie einen „inneren Kompass“ haben, der uns zeigt, wie es weitergehen kann.

Man kann aber auch auf den Holzweg“ geraten. Diese Redewendung benützte bereits Zwingli, als er über Luther schrieb, dass dieser auf dem Holzweg sei, bzw. auf dem Irrweg, auf dem Abweg.
Die Bezeichnung ‚Holzweg‘ stammt aus der Waldbewirtschaftung. Auf ihm werden die Baumstämme transportiert. Der Weg endet meist mitten im Wald, führt also nirgends hin, ist eine Sackgasse.

Übrigens finden wir auch in der Bibel Stellen zum Thema Weg.

Zum Beispiel im Mattäus Evangelium Kap. 7, Vers 13 und 14 ist das Thema:

BreiterWeg.kl..jpg

"Breiter Weg" (der in die Hölle führen soll)

SchmalerWeg.kl..jpg

"Schmaler Weg" (der zum Himmel führen soll)

Es steht dort geschrieben:

Di beede Wääg
Gönd dur s äng Toor ine! Wiit isch nämli s Toor und bräit de Wääg, wo is Verdèèrbe füert, und es git vili, wo duur s inegönd!
Wie äng isch s Toor und wie schwirig de Wääg, wo is Läbe füert, und es git nur wenigi, wo s findet!


Bevor die Motorisierung begann und sich der ganze Verkehr zu Fuss und mit Fuhrwerken abwickelte, war das Reisen kein Schleck! Manche Wege waren sehr steinig und ausserordentlich schwierig zu begehen.

Vor allem die Wege, Pfade über die Berge waren sehr
gefährlich. Abgründe, Schluchten, mussten überwunden werden.
Abgründe gibt es auch auf unserem Lebensweg. Wir müssen Brücken bauen, um diese zu überwinden.

Da die Wege – ob im Flachland oder über die Berge – gefährlich waren,
hat man sie gerne unter den Schutz einer „Höheren Macht“ gestellt, eines Heiligen.

Beim Überqueren von Flüssen musste der Heilige Christophorus helfen. Er war der Schutzheilige der Fuhr- und Fährleute. Man erkennt ihn auf Bildern daran, dass er ein kleines Kind auf der Schulter durch einen gefährlichen Fluss trägt und dabei selber fast unter geht, denn es war ja das Jesuskind, das die Sünden der ganzen Welt auf sich trägt.

In Skandinavien kann man in vielen Kirchen wunderschön verzierte Schiffsmodelle bewundern, die im Altarraum aufgehängt sind, also sozusagen direkt dem Schutz Gottes unterstellt sind.

Auch die Überwindung der Alpen wurde unter den Schutz eines Heiligen gestellt.

So zum Beispiel
- dem heiligen Bernhard beim San Bernardino (Thusis-Bellinzona) und beim Grossen Sankt Bernhard (Martigny-Aosta)
- dem heiligen Godehard Sankt Gotthard
- dem heiligen Luzius St. Luziensteig (Meienfeld-Balzers)
- dem heiligen Anton St. Anton (Altstätten-Oberegg)

Der heilige Nikolaus von Myra z.B. erlebte im Spätmittelalter einen regelrechten Boom. Entlang vieler Bergübergänge, vor allem der damals sehr gefährlichen Gotthardroute sind sehr viele Kirchen und Kapellen dem heiligen Nikolaus geweiht worden.

Auch die Römerbrücke bei Göschenen (sie wurde zwar erst 1649 gebaut), trägt den Namen vom heiligen Nikolaus. Allerdings ist sie beim Hochwasser im August 1987 weggerissen worden, dann aber durch Strassenbaulehrlinge wieder aufgebaut worden.

Als man anfing, Tunnels durch die Berge zu graben, war auch dies ein unendlich gefährliches Unterfangen, das man nur unter dem Schutz einer Heiligen wagte, nämlich der Heiligen Barbara.
Auch heute noch wird bei jedem Tunnelbau eine Nische im Fels ausgespart, in die eine Statue der heiligen Barbara gestellt und liebevoll geschmückt wird. Sie ist die Patronin aller Bergleute und soll sie vor Unheil beschützen.

Miterleben konnten wir alle am TV, wie beim Durchstich des neuen Eisenbahntunnels durch den Gotthard als Erstes eine Barbara-Statue durch das frisch gesprengte Loch hindurchgereicht wurde noch bevor die ersten Menschen hindurchschlüpften, um den Kollegen auf der anderen Seite in die Arme zu fallen.

Erstaunlich aber auch schön, dass solche Bräuche immer noch lebendig sind und gepflegt werden. Dabei geht man ja heute schnell zum Psychiater, wenn man nicht mehr sicher ist, auf dem richtigen Weg zu sein oder fürchtet den Weg verloren zu haben und kommt kaum mehr auf die Idee, sich an eine höhere Macht zu wenden.

Es dünkt mich, dass die Menschen früher noch mehr als heute, wussten oder spürten, dass sie nicht alles aus eigener Kraft oder „Cleverness“ schaffen konnten und darum durchaus auf den Schutz „von oben“ angewiesen waren.

Heute kommt es mir vor, als sei dies ein wenig aus der Mode gekommen. Man findet zwar – vor allem auf deutschen Autobahnen – ab und zu so genannte Autobahnkirchen, die zu einem kurzen Innehalten auf der Reise einladen. Sie werden aber soweit ich es erlebt habe, nur höchst selten besucht – man hat ja noch einen weiten Weg vor sich und muss schauen, dass man vorwärts kommt….!

Dafür erlebt das Pilgern seit rund 30 Jahren einen enormen Aufschwung, gerade auch als Gegenbewegung zur schnelllebigen Reiserei von heute. Der Weg ist das Ziel heisst es doch, und so machen sich viele Sinnsuchende – und zwar nicht nur Katholiken – allein oder in Gruppen, zu Fuss auf den Weg, z.B. nach Santjago de Compostela, wo die Gebeine des Apostels Jakobus liegen sollen –
die Jakobsmuschel ist das Symbol der Pilger –

Es wird auch nach Flüehli-Ranft gepilgert, zu Bruder Klaus, der ja der ursprüngliche „Vater der schweizerischen Neutralität“ gewesen sein soll, als er den Eidgenossen riet, sich „nit in frömde Händel“ einzumischen.

Die Funktion der Wege hat sich – seit sie es gibt – grundsätzlich verändert. Verkehrsverbindungen hat man früher vor allem geschaffen, erfolgreich Kriege zu führen, den Nachschub sicher zu stellen, und dann auch etwas Handel treiben zu können.

Heute dienen Strassen vor allem dem Warentransport von Norden nach Süden, von Osten nach Westen und umgekehrt, und dazu zunehmend der Freizeit, der Reiselust der Menschen.

Wegkreuze wie früher findet man dabei kaum noch.

Aber vielleicht sollten wir auch auf unserem Weg innehalten, eine Pause machen, uns Gedanken machen, ob wir auf dem richtigen Weg sind, ob wir vielleicht etwas ändern sollten.

Möglich wäre ja, dass wir unseren Weg auch etwas gestalten könnten, statt nur verschiedene Grautöne könnte man ja auch etwas Farbe drein bringen. Denn so oder so werden wir auf unserem Lebensweg Spuren hinterlassen.

Und so wünsche ich Ihnen, mir, uns Allen, dass wir den für uns richtigen Weg finden!

Amen

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Reformierte Kirchgemeinde Knonauer Amt
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